Sandsteingebiete sind ein eigenartiges und bedeutendes Phänomen in der Landschaft der Tschechischen Republik einschließlich ihrer Grenzgebiete. Sie kommen auch woanders auf der Welt vor, nur in Böhmen sind sie aber in einer so hohen Anzahl und breitem Formenspektrum vertreten. Der Sandstein sedimentierte in Folge der Flutung des nordöstlichen Teiles der Böhmischen Masse durch ein flaches Meer vor etwa 95 Millionen Jahren während eines Zeitalters des Mesozoikums, das als Kreide bezeichnet wird. Durch eine Zergliederung der Sandsteinschichten in Folge von Erosion entstanden sog. Felsenstädte, also Gruppierungen von Sandsteinfelsen, die voneinander durch enge Gassen und Schluchten getrennt werden (Adamovič et al., 2010, Migoň et al., 2017). In Sandsteingebieten befinden sich unterschiedliche weitere Formen, von großen (zum Beispiel Tafelberge, steile Felswände) bis zu den kleinsten (zum Beispiel Waben, Salzaustritte) (Adamovič et al., 2010). Die Felsenstädte kommen quer durch unterschiedliche Lithologien sowie in unterschiedlichen Klimagebieten der Welt vor (Cílek, 2007).

Ihre regionale Einmaligkeit wird durch die Geometrie der Felsenstädte bedingt, die sich in Folge von hydraulischen sowie geodynamischen Prozessen in einer Gestalt von schlanken Türmen und steilen blockartigen Wänden etablierte. Es sind Gebiete mit einer stellenweise hohen Gefahr des Felssturzes mit direkten Auswirkungen auf die Infrastruktur und insbesondere auf die Sicherheit von Menschen. Die Qualifizierung dieser Bedrohung ist nicht einfach. Die Anfälligkeit des Sandsteins zur Verwitterung wird allgemein durch einige Aspekte bestimmt - insbesondere durch die Zeit, die Lage des Massivs im Bezug zu degradierenden Einwirkungen (chemische und mechanische Verwitterung), die Zusammensetzung des Sandsteins sowie durch seine Struktur und Textur, Verwerfungen und weitere Störungen des Massivs (Goudie, 2016), im Fall eines Felsversagens dann durch die Seismizität des Gebietes oder durch die Orientierung eines veranlagten Sturzes im Hinblick zum Gelände und den Aufbau, aber auch menschliche Tätigkeit.

Zu den natürlichen Zerfallsarten des Sandsteins gehört zum Beispiel die Salzverwitterung. Das ist ein Bündel von gleichzeitig wirkenden physikalischen sowie chemischen Prozessen, die zusammen ein sehr wirksames Verwitterungsmechanismus bilden (Goudie und Viles, 1997). In Folge der Kristallisierung der ursprünglich im Porenwasser gelösten Salze im Sandstein stellen sich Veränderungen des Volumens dieser Salze ein. Das hat eine Entstehung von Druck von bis zu einigen zehn oder hunderten MPa zur Folge. Dieser Druck übersteigt die Festigkeit des Sandsteins und verursacht somit seinen Zerfall (Goodman, 1989). An eine Salzverwitterung kann auch eine biogene Verwitterung anschließen, also eine Zerstörung der Sandsteinoberfläche durch Auswirkungen von Organismen. Das Vorkommen von verschiedenen Organismen kann aggressive organische Stoffe produzieren oder Schwefel- und Stickstoffverbindungen zu starken mineralischen Säuren umwandeln, die sich dann an der Verwitterung beteiligen (Winkler, 1994).

Eine gewisse Ähnlichkeit mit der Salzverwitterung weist die Frostverwitterung aus - in diesem Fall wird aber der Druck anstatt der Kristallisierung der Salze durch die Auswirkungen der wachsen Eiskristalle und insbesondere dann den Transport von Ionen an die Stellen ihrer Kristallisierung verursacht (Scherer, 1999). In mitteleuropäischen Bedingungen ist die Frostverwitterung ein übliches Phänomen, der für einen Großteil der durch Sandsteine verursachten Schäden verantwortlich ist (Ruedrich et al., 2011). Ohne einer detaillierteren Untersuchung können die Wirkungen der Frostverwitterung nicht von denen der Salzverwitterung unterschieden werden und auch ihre Folgen sind in der Regel ähnlich. In der Salz- sowie der Frostverwitterung spielt das Wasser in den Sandsteinporen eine Rolle: für die Salzverwitterung gilt, dass die Verdunstungspunkte mit den Punkten des potentiellen Zerfalls identisch sind (Huinink et al., 2004) und bei der Frostverwitterung nimmt das Maß an Destruktion mit zunehmender Feuchtigkeit des Sandsteins zu (Hall, 1988).

Im Gegenteil kann die Erosion sowie die Verwitterung durch die Felskruste, also den fester verkitteten Teil der Sandsteinoberfläche verzögert werden. Solche Verfestigung entsteht auf Basis einer ständigen Verdunstung des Wassers aus Lösungen, die sich in den Sandsteinporen befinden. Somit werden die in diesen Lösungen beinhalteten Minerale ausgestoßen (am meisten werden unterschiedliche Quarzformen angegeben; Cílek und Langrová, 1994). Ein viel diskutiertes Thema sind die Auswirkungen der Organismen (Pilze, Algen, Blaualgen und weitere Bakterien) auf die Erosion und Verwitterung der Sandsteinwände. Durch manche Studien wird eine mechanische und biochemische Störung der Felskruste in Folge der Auswirkungen der Organismen beschrieben (Robinson und Williams, 2000), manche belegen im Gegenteil einen Schutz der Oberfläche vor Erosion, die durch Auswirkungen von Wind, fließendes Wasser oder Regenwasser sowie Temperaturschwankungen verursacht wird, aber auch vor Auswirkungen der Ausscheidung von Salzen (Gómez-Alarcón et al., 1995; Viles und Goudie, 2004) . Im zweiten Fall ist die Rede über eine sog. biogene Felskruste (Abb. 1). Die wahrscheinlichste Erklärung für diese widersprüchlichen Ergebnisse unterschiedlicher Studien scheinen neben unterschiedlichen Auswirkungen verschiedener Organismen auch unterschiedliche Sandsteinarten zu sein, die biokolonisiert werden. Es zeigt sich, dass eine konkrete biogene Felskruste über eine bestimmte Widerstandsfähigkeit gegenüber Erosion und Verwitterung verfügt. Ist der Sandstein im Untergrund weniger widerstandsfähig, so ist die Rede über den Schutz der Oberfläche durch Auswirkungen der Kruste. Ist der Sandstein im Untergrund an sich sehr widerstandsfähig, so erhöhen die Organismen auf seiner Oberfläche seine Widerstandsfähigkeit nur noch geringfügig, oder überhaupt nicht (Slavík et al., 2017). Bei festerem Gestein werden dann eher die destruktiven Auswirkungen überwiegen, weil die biokolonisierte Oberfläche eine geringere Widerstandsfähigkeit hat, als der Sandstein im Untergrund.

Abb. 1. Biogene Felskruste auf der Sandsteinoberfläche (nach Slavík et al., 2017)

Aus der Sicht der Geschwindigkeit der Verlaufes sowie der Gefährdung ist aber für den Zerfall der Sandsteinwände der Felssturz maßgeblich, also eine rasche und plötzliche Bewegung von Gesteinsmassen entlang steiler Hänge, indem der stürzende Felsblock Kontakt mit dem übrigen Massiv verliert und durch freien Fall in tiefere Lagen versetzt wird (Demek, 1988). Zu den Ursachen des Felssturzes können auch die Verwitterung und Erosion gehören, zum Beispiel die Auswirkungen von fließendem Wasser, eine Rolle spielt hier auch die sog. Bioerosion, indem durch die Klüfte in dem Sandstein Bauwurzeln durchdringen, die dann durch ihre Tätigkeit ein Abbrechen eines Großteils des Felsblocks entlang dieser Klüfte verursachen können. Eine Ursache für einen Absturz eines Felsblock kann auch die kritische Masse des Blocks durch das durch ihn nach starkem Niederschlag oder während Schneeschmelze aufgenommene Wasser sein. Zu den weiteren Ursachen des Felssturzes gehören eine erhöhte Seismizität in dem Gebiet, die natürliche Ursachen hat oder in Folge des Bergbaus oder Erschütterungen aus Linienbauwerken in der Umgebung entsteht. Ein Felssturz von Sandsteinwänden kann auch in Folge langsamerer Bewegungen der Böschungen in ihrer Umgebung oder ihres Untergrundes, bzw. in Folge einer Verflüssigung der Massen nach starken Niederschlägen entstehen.

Auch ein menschlicher Eingriff, sei es in der Geschichte oder in der Gegenwart, spielt in der Frage der Verwitterung und Erosion von Sandsteinen eine Rolle. Da Sandsteinfelsen durch den Menschen seit Urzeiten bewohnt, genutzt und umgestaltet wurden, ist der maßgebliche Einfluss des Menschen noch heute sichtbar - zum Beispiel Sandsteinbrüche, künstlich geschaffene Kapellen in den Felsen, Räucherkammern, aber auch Felsenburgen (Adamovič et al., 2010). Gegenwärtig entsteht in den Felsenstädten ein neues Problemm- die durch die hohen Besucherzahlen verursachte Erosion. Obwohl Erosion ein natürliches Prozess ist, beschleunigt eine höhere Anzahl der Besucher in attraktiven Gebieten den Zerfall der Sandsteingebilde. Im besseren Fall werden nur Sandsteinblöcke abgetreten, die sich unmittelbar an den touristischen Hauptrouten oder in ihrer Umgebung befinden, bzw. wenn die Sandsteinkörner auf den Schuhen der Besucher außerhalb des Innenraumes der Felsenstadt herausgetragen werden. Diese Folgen des Tourismus sind logisch, unausweichlich und man kann dafür niemanden schuldig machen. Ein schlimmerer Fall sind undisziplinierte Besucher, die in die Sandsteinfelsen verschiedene Innschriften kratzen oder sich außerhalb der markierten Wege bewegen und neue Wege austreten, wodurch die Sandstein- und Grasbedeckung unter den Felsen beeinträchtigt wird. Diese Abdeckung befestigt auf eine natürliche Art und Wise die Oberfläche und verlangsamt den Oberflächenabfluss. Im Fall einer Beeinträchtigung verändern sich aber die neu ausgetretenen Wege zu Erosionsrinnen, die zu einem erhöhten Sandabtrag beitragen. Ein bestimmtes Problem in den Schutzgebeiten kann auch durch das heute beliebte Bergsteigen verursacht werden - wenn die Bergsteiger bevorzugt auf den selben Wegen klettern, kann die den Sandstein schützende Felskruste beeinträchtigt werden, was eine erhöhte Erosion und Verwitterung zur Folge hat.

In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die Gesteinsspannung ein wichtiger Faktor für die Koordinierung der Verwitterungs- und Erosionsprozessen ist und die Entstehung vielfältiger Formen in Sandsteinen ermöglicht, wie zum Beispiel Felsentore, Überhänge, Spalten sowie Abrundungen der Felsentürme (Bruthans et al., 2014; Ostanin et al., 2017, Abb. 2). Durch Experimente sowie Beobachtungen in der Natur konnte nachgewiesen werden, dass Teile des Sandsteinmassivs eine wesentlich längere Lebensdauer haben, wenn sie die Belastungen der höheren Bereiche des Felsmassivs übertragen, weil sie besser der Frost-, Salzverwitterung sowie der Wassererosion Widerstand leisten können (Bruthans et al., 2014, 2017, Abb . 2). Somit ist eine Senkung der Spannungen im Felsmassiv durch künstliche Eingriffe, wie etwa mit Hilfe von Stützen, für den Erhalt der Formen der Felsen kritisch. Es ist auch damit zu rechnen, dass eine nicht Belastung, oder sogar eine Zugbelastung eines Blocks dazu führen kann, dass der Felsenblock in Größenordnungen schneller zerfallen kann, als ein durch ein identisches Gestein gebildeter Felsmassiv. Somit sind bei der Vorhersage von Verwitterungsprozessen die Auswirkungen der Spannungen in Betracht zu ziehen (Řihošek et al., 2016).

Abb. 2: Physikalisches Modells eines belasteten Sandsteins, der Auswirkungen des Wassers ausgestellt ist. Die Wölbenspannung ím Gestein, die Punkte mit einer höheren Spannung bestimmt, ist für einen höheren Widerstand gegenüber der Erosion verantwortlich (Bruthans et al., 2014).

 

Mit der Beobachtung von gefährlichen Phänomenen in den Sandsteinen befassen sich viele Fachexperten aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Bereichen. Alleine der langfristige Prozess der Verwitterung fällt aus Gründen unterschiedlicher Geschwindigkeiten der chemischen Degradierung des Sandsteins mit unterschiedlichen mineralischen Beimischungen zum Teil in den Bereich der Geologie und der Verwitterungsprozesse. Die Geomorphologen befassen sich mit dem Vorkommen und Ursachen der Entstehung der Salz- und Frostverwitterung sowie mit unterschiedlichen Formen auf der Oberfläche der Sandsteine, wie es zum Beispiel die Waben sind, die durch diese Prozesse geformt werden (Bruthans et al., 2018). Weil die Salz- sowie die Frostverwitterung an das Wasservorkommen im Sandstein und gleichzeitig auf die Bewegung des Wassers gebunden sind (Hall, 1988; Huinink et al., 2004), können bei der Feststellung von potentiellen Punkten des Zerfalls des Gesteins Fachbereiche wie Hydrogeologie, Hydrologie und Hydraulik helfen, die sich mit der Strömung des Wassers in poröser Umgebung befassen, wie zum Beispiel das Team der Wissenschaftler aus dem Fachbereich der Hydrogeologie der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Karlsuniversität. Das Team der Fachexperten der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden verfügt über Methoden, die eine Quantifizierung der Festigkeit sowie des Verwitterungsmaßes der untersuchten Gesteine sowie die Bestimmung ihrer Wasserdurchlässigkeit ermöglichen, also der Parameter, die die Anfälligkeit des entsprechenden Massivs zur weiteren Verwitterung oder sogar zum Versagen (Felssturz) bestimmen. Eine Vorbestimmung zur Verwitterung, zur Strömung des Wassers durch die Umgebung aber auch zum Felssturz und Verformungen von Böschungen kann auch durch die Struktur und Schichten des Sandsteins gegeben sein, insbesondere durch die Orientierung der Klüfte, mit der sich die Struktur- und allgemeine Geologie befasst. Der Zerfall der Struktur im Sinne der Freisetzung der Einkeilung der Körner in den entlasteten Bereichen des Massivs bedingt die Form der Felsentürme sowie die Entstehung von Felsüberhängen, Arkaden und Spalten. Die dargestellte Problematik ist für die Entstehung der u.a. touristisch visuell attraktiven Sandsteintore und Bögen, Wabenstrukturen des Sandsteins oder einer allmählichen Setzung der Erdkörper aus Sandsteinschüttgut "verantwortlich" und stellt eine Schnittmenge der Teilbereiche der Erdstoffmechanik / Bodenmechanik und der Hydrogeologie dar. Mit den Ursachen und Prinzipien des Felssturzes befasst sich die Ingenieurgeologie oder die Felsenmechanik, mit der Anfälligkeit der Böschungen zu Hangbewegungen befassen sich ein Team der Ingenieurgeologie der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Karlsuniversität und Fachexperten des Faches Geotechnik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden. Die Mitarbeiter der Technischen Universität in Reichenberg (TU Liberec) haben Erfahrungen mit der Modellierung als Entscheidungshilfe bei Entscheidungen über die Landschaftsnutzung. In den betroffenen Gebieten ist bei solchen Entscheidungen auch die Gefahr eines Felsensturzes in Betracht zu ziehen. Um ein glaubwürdiges Modell aufstellen zu können müssen die entsprechenden Eigenschaften der Gesteine sowie des Bodens genutzt werden, die durch die Projektpartner im Labor oder im Gelände gewonnen wurden.

Lösungsansätze im Bereich des Stabilität der Felsen sind somit eindeutig interdisziplinär. Diese Tatsachen sind eines der Argumente für das geplante Projekt eines Grenzüberschreitenden Experten- und Frühwarnsystem für Georisiken im Elbsandsteingebirge (Přeshraniční expertní a varovný systém pro georizika v Labských pískovcích) des Kooperationsprogramms Freistaat Sachsen - Tschechische Republik 2014 - 2020 zur Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit INTERREG V A. Den Kern der Arbeiten bildet die Entwicklung von Plattformen, die dem Nutzer mit Hilfe von zum Beispiel einer mobilen Anwendung Ergebnisse von Messungen, Warnzustände sowie Risiken vermitteln würden. Diese Werden auf Grundlage der Ergebnisse des Monitoring in Kombination mit einer Vorhersage u. a. auf Grundlage fortgeschrittener numerischer 3D Modelle aktualisiert (Abb. 3). Die Schlüsselaspekte in den Modellen sind die Aspekte der Geometrie des Problems sowie die physikalisch-mechanischen Eigenschaften. Die gegenwärtigen Technologien ermöglichen raumbezogene Laseraufnahmen sowie statische Aufnahmen, aber auch Flugaufnahmen mit Einsatz von Drohnen oder direkt von Flugzeugen. Glaubwürdige Werte der Materialeigenschaften stellen eine Grundvoraussetzung für eine realistische Einschätzung des Verhaltens dar. Im Sinne des geplanten Projektes wird der Schwerpunkt auf die Steifheit- und Festigkeitsanisotropie gelegt.

Abb. 3. Numerisches Model der Gestaltung der Spannungen im Gestein. Oben - Bereich einer erhöhten Spannung, der eine zukünftige Verwitterung des Massivs in die Form eines Tores vorhersagt. Unten - Gestaltung der Spannung in dem bereits ausgeformten Tor. Im Bereich des Torkörpers ist die Spannung größer, als in seiner Umgebung. Übernommen aus Řihošek et al. (2018).

 

 

Es ist relativ nicht einfach, eine konkrete Stelle oder Felsblock im Sinne des Risikos für die Infrastruktur oder die Besucher abzuschätzen. Oftmals sind Stellen mit Felsüberhängen relativ sicherer, als labile Wackelsteine oder ein Felsmassiv mit einem ungünstigen Einfallen der Spalten und Fugen. Einer der Punkte für eine Auswertung dieser Gefahren auf Grundlage von Messungen ist auf Abb. 4 dargestellt. 4. In allen Fällen werden die ausgewählten Risikobereiche einem Monitoring unterzogen, der insbesondere in der Messung der Verschiebungen der Lage der Blöcke gegenüber dem Felsmassiv im Laufe der Zeit beruht.

Abb. 4. Problematischer Bereich im Sinne der Auswertung des Risikos im Bezug zu anderen potentiell gefährlichen Stellen. Der Sandsteinüberhang bei Buschmühle an der Kirnitzschtalstraße etwa 12 km von Bad Schandau, Sächsische Schweiz.

Die Instrumente für das Monitoring potentieller Stellen des Felssturzes können unterschiedlich sein. Als ein Rahmen können folgende Einrichtungen und Aktivitäten erwähnt werden:

a) Inklinometer,
b) Dilatometer,
c) geodetische Beobachtungen,
d) mikroseismische Sonden,
e) beliebige Kombination a) bis d).

Mit Inklinometern wird die Neigung der Blöcke, mit Hilfe von Dilatometern ihre gegenseitige Verschiebung gemessen. Ein geodätisches Monitorring kann trigonometrisch unter Einsatz von Geräten auf einem Stativ, bzw. von GPS durchgeführt werden. Mit mikroseismischen Sonden können unter normalen Umständen für den Menschen nicht bemerkbare dynamische Antwortsignale erfasst werden, die ein Ergebnis einer Verschiebung in der Spalte und einer Verbreitung eines Bruches oder eines Risses im Gestein sind. Beispiele eines Inklinometers und eines Dilatometers sind auf Abb. 5 und 6 dargestellt.

Abb. 5. Saitenneigungsmesser Quelle: Vortrag, Doc. Ing. Eva Hrubešová, Ph.D., Hochschule für Bergbau. /http://fast10.vsb.cz/hrubesova/mon5.htm

Abb. 6. Zweiaxialer Neigungsmesser, Genauigkeit 0,02° von der Ges. FSG. Quelle: Firmenprospekt FSG Fernsteuergeräte, www.fernsteuergeraete.de.

Während der Quantifizierung der Risiken sowie des weiteren Verhaltens des Massivs (zum Beispiel anhand numerischer Modelle oder einer Extrapolation der Messergebenisse) müssen die Korrelation der Daten mit dem Tages- und Nachtverlauf der Temperatur, der Anzahl der Eis-, Frost- oder arktischer Tage, der Ausrichtung problematischer Bereiche im Bezug zum Sonnenschein, das Maß der Betroffenheit der Spalten durch Niederschlag oder Oberflächen- oder Grundwasser in Betracht gezogen werden. Somit sind die Vorhersagen des Verhaltens des Massivs mit einer relativ hohen Unsicherheit belastet. Also sollte das Monitoringsystem so weit wie möglich effektiv ergänzt, erweitert und automatisiert werden und Erkenntnisse aus ähnlichen Standorten zum Einsatz kommen.

Wird ein konkreter Felsblock als Risikobehaftet eingeschätzt und folgend über seine Zerstörung entschieden, wird dieser meistens mit Hilfe von Sprengarbeiten beseitigt. Sprengarbeiten sind im Sinne dynamischer Auswirkungen auf das umliegende Massiv, sowie auf die anthropogenen Strukturen in der Umgebung auszuwerten. Sämtliche Stellen, an denen Sprengarbeiten durchgeführt werden, sowie die Menge der Sprengladungen müssen im Einklang mit den Regeln und Empfehlungen geplant werden, die in den Bereich der Destruktionsarbeiten im Baugewerbe und der Dynamik von Bauwerken gehören. Eine mechanische Sicherung ist ein untrennbares Bestanteil einer Schnittmenge der Fachbereiche Geotechnik / Baumechanik und kann durch vielfältige Möglichkeiten umgesetzt werden, insbesondere:
a) Abtragung oder Sprengung der Masse des Massivs,
b) Anker,
c) Fanggitter,
d) Bolzen.
Ein gutes Beispiel einer Felsenstadt, die aus touristischer sowie aus wissenschaftlich-technischer Sicht attraktiv ist, sind Gebiete in der Sächsisch - Böhmischen Schweiz im Elbsandsteingebirge. Hier ist die Gefahr einer Unstabilität der Felsen relativ hoch. Die folgende Graphik (Abb. 7) zeigt ausgewählte Risikobereiche im Elbsandsteingebirge auf der deutschen sowie der tschechischen Seite der Sächsisch-Böhmischen Schweiz.

Abbildung: 7. Ausgewählte Risikobereiche in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz. Übernahme von Wichert (2016).

 

Ein völlig einmaliges Gebiet ist in dieser Hinsicht die Stadt Herrnskretschen (Hřensko) auf der böhmischen Seite, in der bereits einige Sicherheitsmaßnahmen getroffen wurden. Aus geologischer Sicht stellt ein konkretes Risiko der Felssturz dar, insbesondere nach einem Wegbrechen von überhängenden und geneigten Teile. Weniger handelt es sich um Rutschungen, aber ein Ungleichgewicht der Massen, das letztendlich zum Sturz führt, kann primär durch Spannungs- und Verformungsprozesse im Untergrund oder in der Böschung verursacht werden, insbesondere durch eine langfristige schleichende Verformung.

Von Beispielen des Felssturzes im Elbsandsteingebirge gibt es viele, während der letzten 25 Jahren wurden im Bereich des Elbsandsteingebirges auf der deutschen und tschechischen Seite insgesamt mehr als 170 solche Ereignisse gezählt. Am besten Dokumentiert sind die Ereignisse, die unmittelbar die Gesundheit sowie das Eigentum der Bevölkerung bedrohen, d.h. insbesondere in Gebieten größerer Siedlungen. In der Regel gilt diesen Ereignissen auch eine entsprechende Aufmerksamkeit der Medien. Ein Beispiel eines Felssturzes in Herrnskretschen ist auf Abb. 8 dargestellt. 8.

Abbildung: 8. Absturz eines Felsenblocks am 15.10.2009 um etwa 7:45 Uhr im Raum zwischen der Tankstelle und der ehemaligen Gaststätte "Přístav". Vom Volumen her handelte es sich um 6 bis 9 cm3. Quelle: www.NPCS.cz

 

Auf Abb. 9 ist ein Beispiel der Messung im Massiv der Wilden Schlucht der Kamnitz (Kamenice) dargestellt. Messungen aus der Schlüsselzeit der beginnenden Divergenz der Fluktuation in der Bewegung des Massivs standen leider nicht zur Verfügung, somit konnte nicht rechtzeitig auf den kritischen Stand vor dem Absturz des Überhanges reagiert werden. Der Überhang wurde von dem umliegenden Massiv mit einer markanten Spalte getrennt und seine Stabilität hing praktisch nur von der Stabilität des Untergrundes ab. Dazu wurde der Block durch Veränderungen des Wassergehaltes in den Spalten nach der Einfrierung zyklisch gedrückt.

Abbildung: 9. Beispiel der Messungen im Massiv im der Wilden Schlucht der Kamnitz (Übernommen von Vařilová et al., 2005). Es ist offensichtlich, dass die mehr oder weniger lineare Entwicklung der Verformung bis 11.2004 eine heftige Beschleunigung ausgewiesen hat, was ein Anzeichen des sich nährenden Felssturzes ist.

Ein Beispiel eines wohlbekannten Felsgebildea, dass in Folge von Verwitterung und Erosion seine Form verändert, ist das Präbischtor (Abb. 10) in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz. Anhand eines Vergleiches von älteren und gegenwärtigen Aufnahmen wird abgeschätzt, dass in Folge der Bewegungen der Besucher auf der Oberfläche des Tores in der Zeit, wann dies noch zugelassen war, es zum Abtritt der Oberfläche um etwa 80 cm kam (Vařilová und Belisová, 2010). Wie aus einem Vergleich älterer sowie gegenwärtiger Aufnahmen zu erkennen ist, ist die Oberfläche des Präbischtores gleichzeitig durch Salzverwitterung betroffen. Gegenwärtig findet am Präbischtor ein detailliertes Monitoring statt (Bewegung der Blöcke, Reaktion auf Wärmebelastung während der Besonnung, etc.), um so jegliche negativen Phänomene erfassen zu können. In der Vergangenheit wurden eine Imprägnation der Oberfläche des Sandsteins oder eine Stützung des Toren erwogen, im Hinblick zu den neuen Feststellungen über die Entstehung der Felsentore scheinen aber solche Maßnahmen kontraproduktiv und hochriskant zu sein.

Abbildung: 10. Das Präbischtor in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz. Quelle: http://www.npcs.cz/fotogalerie/fotografie-krajiny-np-ceske-svycarsko-blizkeho-okoli/pravcicka-brana-okoli/pravcicka-br-1

 

 

Podklady/Multimédia

http://www.ceskatelevize.cz/porady/11302475540-brany/ Dokument des öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehens (Česká televize), in dem die Entstehung der Felsentore erklärt und dem Zuschauer vermittelt wird, die durch das Team um J. Bruthans das Prinzip entdeckt wurde, das die Entstehung der Felsentore steuert.

https://www.youtube.com/watch?v=bRlw4J1ypgI Entstehung der Felsentore, Aufzeichnung eines Experimentes aus dem Labor.
Video über die Entwicklung des Tors, Aufzeichnung eines Experimentes im Gelände:
http://www.geosociety.org/datarepository/2019/2019028_Video%20DR1.zip (Pfad direkt zur komprimierten Datein)
http://www.npcs.cz/fotogalerie/fotografie-krajiny-np-ceske-svycarsko-blizkeho-okoli/pravcicka-brana-okoli/pravcicka-br-1 Aufnahmen des Präbischtors.
http://www.npcs.cz/ve-hrensku-se-zritil-skalni-blok Beitrag über den Absturz des Felsenblock vom 15.10.2009 in Herrnskretschen.
http://fast10.vsb.cz/hrubesova/mon5.htm
www.fernsteuergeraete.de
www.NPCS.cz


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