Darstellung

 

Die Landschaft Nordböhmens machte im vergangenen Jahrhundert eine schnelle Entwicklung durch. Nach einer langen Zeit des Braunkohlenabbaus und der künstlichen Senkung des Grundwasserspiegels und Verfüllung der Gruben mit Halden werden die Restlöcher geflutet. Somit entstehen Restseen. Es entsteht eine Umgebung mit einer zeitlich wesentlich veränderten Struktur und unbeständigen Voraussetzungen für die Folgenutzung. Eine verantwortungsvolle Entscheidungsfindung über die Landschaft bedarf so weit wie möglich umfassende Informationen, die auf interdisziplinärer Herangehensweise basieren. Solche Entscheidungsprozesse können durch ein Informationssystem gestützt werden, dessen Ziel es ist, in Verbindung mit einer Benutzeroberfläche eine Datenbank aller zur Verfügung stehenden Daten über die Gestaltung und Nutzung der Landschaft zu bearbeiten (insbesondere hydrologische, hydrgoegologische und geotechnische Daten). Diese Benutzeroberfläche ermöglicht eine Verknüpfung unterschiedlicher Aspekte und Belange, die mit der entsprechenden Problematik im Zusammenhang stehen. So ist zum Beispiel aus der Sicht einer möglichen zukünftigen Bebauung ein entscheidendes Kriterium die Standsicherheit von Böschungen, die Tragfähigkeit des Bodens sowie die Art der zukünftigen Besiedlung. Aus der Sicht der Erholung wird die Menge sowie die Qualität des Wassers beurteilt. Diese Art eines Informationssystems ermöglicht eine Reihe von Anforderungen zu berücksichtigen, ohne dass scheinbar unwichtige Kriterien in den Hintergrund verdrängt werden müssen. Der Nutzer gewinnt somit in einem Gesamtkontext eine Übersicht der realistischen Möglichkeiten sowie Grenzen der zukünftigen Nachnutzung der Landschaft, die bei einer Vermeidung von Schäden, die in Folge von zu ambitionierten Vorhaben entstehen können, helfen kann. Solche Fälle sind bekannt. Ein wichtiges Ziel ist eine Verallgemeinerung von Verfahren, um diese auch an anderen Standorten einsetzen zu können.

Es bestehen drei Kernfragen:

  • Standsicherheit der Böschungen (mögliche Landnutzung)
  • Wassermenge (nachhaltiger Wasserspiegel im Restsee)
  • Gewässergüte (mögliche Nutzung des Restsees)

Ein Beispiel der Raumnutzung sind Kippen der Tagebaue oder Halden des Tiefbaus und die damit im Zusammenhang stehende Problematik. Eine effektive Auswertung und das Management der Risiken, die eine dynamische Entwicklung der Landschaft und Folgen extremer Szenarien berücksichtigen stellen einen wichtigen Schritt nicht nur im Prozess der Raumplanung dar, sondern auch beim Ausbau und Entwicklung der Siedlungen oder der Infrastruktur. Ein Informations- oder Expertensystem muss somit im Rahmen einer Datenbank sämtliche Daten zur Stabilität der Raumes komplex integrieren und diese Daten gemeinsam mit Hilfe von speziell für die Einschätzung der mit der zukünftigen Raumnutzung verbundenen Risiken entwickelten Algorithmen verarbeiten können.

Standort 1

Probleme mit Bewegungen von Böschungen entstehen zum Beispiel auch in den Uferbereichen des Restsees Milada (Abb. 1 und 2).

Karte der Hanglagen in der Umgebung des Restsees in Aussig. Je dunkler die Farbe, desto höhere Hangneigung.

Abb. 1: Neigung der Böschungen am Restsee Milada

Lage des Restsees in Aussig.

Abb. 2: Sattelitenkarte des Restsees Milada

Standort 2

Der wichtigste Standort zur Überprüfung des entwickelten Systems ist die Umgebung des Restsees Brüx (Most) (Abb. 3 und 4), der durch die Rekultivierung eines Braunkohletagebaus und seiner Innen- und Außenkippen entstand. Es handelt sich um das Gebiet der ehemaligen Stadt Brück vor ihrer Verlagerung und Aufnahme des Braunkohleabbaus. Ein Teil der Uferbereiche des Sees wird durch gewachsenes Gelände gebildet, die meisten Uferbereiche werden aber durch Kippen mit unterschiedlicher Mächtigkeit und Alter gebildet. Die Stadt Brüx möchte zukünftig einen Teil des Gebietes in der Umgebung des Restsees zur Bebauung und einer teilweisen Rückkehr der Stadt in ihr ursprüngliches Zentrum nutzen.

Abb. 3: Neigung der Böschungen am See Brüx

 

Abb. 4: Lage des Restsees Brüx

 

 

 

Im Rahmen der bearbeiteten Projekte sowie der üblichen praktischen Tätigkeit sind Daten zu verarbeiten, die in unterschiedlichen Formaten zur Verfügung stehen. Zum Beispiel sind es Daten aus Archiven sowie aktuelle Daten in Form von Karten, Daten in Exceltabellen, einfachen Texten, in unterschiedlichen Austauschformaten etc. Manche Daten werden oder können vollautomatisch erfasst und verarbeitet werden, was sehr nützlich ist nicht nur wegen ihrer Erfassung und Einspielung in das Datenlager (Datenbank), sondern auch ihrer Anwendung und Interpretation der Ergebnisse in Form von Diagrammen, Tabellen, Analysen, Modellen etc.

 

Die dargestellten Probleme können durch die Anwendung eines Informationssystems einer Lösung zugeführt werden. Dieses Informationssystems umfasst eine entsprechende Datenbank (s. folgendes Kapitel), einen Satz von analytischen Tools zur Lösung der dargestellten Aufgaben und eine Benutzeroberfläche, die eine Darstellung roher Daten, Ergebnisse der analytischen Tools, die Steuerung der analytischen Tools und einen Einsatz eines Frühwarnsystems ermöglicht.

Charakteristische Größen

Folgende grundlegende Daten sind notwendig oder können für eine Analyse genutzt werden:

  • Archive mit Karten zum Bergbau und Verfüllung von Restlöchern (Höhenlage, hydrologische sowie geotechnische Bodenparameter),
  • Archive mit geologischen und hydrogeologischen Karten,
  • Archive mit Beschreibung von Bohrkernen,
  • Zeitreihen der Messungen des Grundwasserspiegels in den Bohrungen in dem entsprechenden Gebiet,
  • Zeitreihen der Messungen der Bewässerung (Oberflächenwasserspiegel),
  • Zeitreihen der Messungen des Wasserzuflusses in den See
  • hydrometeorologische Messungen,
  • Zeitreihen der Messungen der Gewässergüte,
  • historische, gegenwärtige sowie geplante städtebauliche Nutzung des Gebietes.
  • ...

 

Lösungsansätze

Die Daten können von dem Verwalter des Gebietes (PKÚ) oder von anderen Einrichtungen gewonnen werden.

Für die Auswertrung der Daten wird insbesondere die multikriterielle Analyse vorgeschlagen. Um diese nutzen zu können müssen folgende Schritte unternommen werden:

  • Entwicklung der Struktur der Datenbank,
  • Feststellung möglicher Risiken:
  • Standsicherheit der Böschungen,
    • Wasserverunreinigung,
    • Eutrophisierung,
    • unausgeglichene Wasserbilanz,
  • Identifizierung von Kriterien, die den größten Einfluss haben,
  • Entwicklung der Bewertungskriterien,
  • Definition des Gewichtes einzelner Kriterien,
  • Entwicklung eines Informationssystems.

 

Fachinformationssystem

In den durch uns entwickelten Informationssystemen verwenden wir für das Einlesen der Daten eine sog. "Datenpumpe". Konkret handelt es sich um das Tool Pentaho Data Integration (community.pentaho.com), das kostenfrei auch für kommerzielle Zwecke verwendet werden kann. Das Tool ermöglicht eine Transformation der Daten zu programmieren, also das Einlesen von Daten aus einem beliebigen Forman in ein anderes beliebiges gewähltes Format ((unterschiedliche Dateien und Datenbanken). Das Tool verfügt über eine graphische Entwicklungsumgebung, somit muss kein Programmiercode geschrieben werden. In seinem Rahmen können aber auch weitere Skripts verwendet werden (zum Beispiel JavaScript, Groovy, bzw. Python und R). Es wurden Transformationen für ein automatisches Einlesen von Daten, u. a. aus folgenden Formaten entwickelt:
  • Tschechischer geologischer Dienst (Geofond)
    • Dateien MS Access und
    • XML-Dateien "Datenbank geologisch dokumentierter Objekte der Tschechischen Republik - Ausgabenanwendung"Es handelt sich um ein Austauschformat gem. internationalen Standards des Projektes eEarth.
  • Inklinometrie (Textdateien - maschinell erzeugte Berichte),
  • Erkundungsbohrungen aus dem Archiv im Word (2413 Stück), höchstwahrscheinlich aus dem System "Geobanka" der Firma Data-PC Sokolov exportiert.
  • gdBase - Einlesung mancher Felder.
  • Niederschlag und Temperatur in Form einer Textdatei auf dem FTP-Server des Staatsbetriebes Povodí Ohře s.p.
  • Kontigenztabelle in MS Excel
Sämtliche Daten werden in eine relationale Datenbank PostgreSQL eingelesen, deren Struktur eine Speicherung der Daten zu Bohrungen (u.a. geologische Beschreibung, Definition der Layer für einen geologischen Schnitt, technische Ausführung) sowie Beobachtungen (beliebige Größen einschl. Inklinometrie und Karrotage) ermöglicht. Neben Beobachtungen werden in der Datenbank auch Interpretationen dieser Messungen aufbewahrt (zum Beispiel räumliche Verteilung der Parameter), die zum Beispiel für eine multikriterielle Analyse verwendet werden). Raumbezogene Daten (Punkte, Linien, Polygone) werden in der Datenbank mit Hilfe einer Datenbankerweiterung PostGIS abgespeichert. Dadurch können nicht nur Kartenunterlagen (zum Beispiel Raumanalytische Unterlagen und aufgestellte Flächennutzungspläne) in die Datenbank mit aufgenommen werden, sondern es besteht dadurch auch die Möglichkeit mit diesen Daten in den üblichen GIS-Instrumenten zu arbeiten (zum Beispiel ArcGIS, aber auch AutoCAD). Der Kartenserver ermöglicht zudem die Daten mit Hilfe von Kartendiensten zum Beispiel in MicroStation darzustellen.

 

Die Daten aus der Datenbank können mit Hilfe einer einfachen Web-Anwendung dargestellt werden (Abb. Nr. 5), in der nach dem Anklicken einer Bohrung in der Karte auch die Größe sowie der Zeitabschnitt gewählt werden können. Der Verlauf der Größe wird als eine Tabelle im linkten Teil des Fensters und als ein zeitlicher Diagramm im oberen Teil des Fensters dargestellt. Eine fortgeschrittene Visualisierung (Bohrprofil, geologische Schnitte, 3D-Modelle, Kombinationen von Karten, Tabellen, Diagrammen) wird in dem vom Preis her günstigen Programm EnviroInsite (enviroinsite.com) durchgeführt, in das die Daten aus dem System exportiert werden können. Die Daten und anschließende Berechnungen werden in Form von Tabellen und Diagrammen in Berichten dargestellt. Diese können on-line eingesehen oder per E-Mail in regelmäßigen Abständen oder nach vordefinierten Ereignissen abgesendet werden. Die Zusammenstellung kann in unterschiedlichen Formaten herausgegeben werden (pdf, Excel, Word etc.)

 

Abb- 5: Online basierte Anwendung zur Einsicht in die Beobachtungen

 

Die in das entwickelte Informationssystem integrierten Methoden basieren auf Erkenntnissen der Theorie komplexer Systeme / nicht linearer Dynamik. Es handelt sich um detailliert erarbeitete Bewertungsverfahren, die auf geprüften analytischen oder empirischen Beziehungen basieren. Diese in das System integrierten Verfahren stellen Ergebnisse und Daten zur Entscheidungen für eine zukünftige Raumnutzung und die weiteren Richtungen der Entwicklung zur Verfügung. Im Hinblick dazu, dass die notwendigen und genauen Daten aus allen notwendigen Größen oder Parameter mit einer festgelegten Häufigkeit und Aktualität nicht immer zur Verfügung stehen, müssen neben klassischen mathematischen oder statistischen Methoden für eine Auswertung der Zeitreihen auch Tools eingesetzt werden, mit denen die nicht messbaren, geschätzten und wörtlichen Auswertungen in das Modell überführt werden können um somit das Verhalten des Systems unter einem extremen Wandel von Bedingungen eines seiner Bestandteile feststellen und vorhersagen zu können.

 

Abb. 6: Schema des Informationssystems

 

Der wichtigste Teil des Informationssystems ist die Verarbeitung von geographischen Daten der einzelnen Kartenlayer. Neben Daten aus dem Monitorring und weiterer Messungen werden in das System auch die Raumanalytischen Unterlagen, oder der gültige, bzw. der in Aufstellung sich befindende Flächennutzungsplan eingespielt Auf folgenden Abbildungen werden Beispiele von mit Hilfe einzelner Instrumente ausgewerteten und visualisierten Ergebnisse von stark vereinfachten, modellhaften Testberechnungen der Böschungsstabilität des Südufer des Restsees Most dargestellt.

 

Abb. 7: Auswertung der Böschungsstabilität am See Most mit Hilfe einer neu entwickelten Methode.

 

 

Abb. 8: 3D Visualisierung der Ergebnisse der Berechnung der Böschungsstabilität des Restsees Most mit Hilfe des Geländeprofils.

Abb9. Auswertung der Böschungsstabilität am See Most mit dem Instrument SAGA GIS.

 

Abb. 10: 3D Visualisierung der Ergebnisse der Berechnung der Böschungsstabilität am See Most mit Hilfe von SAGA GIS.

 

Die Ergebnisse werden in Form von Textberichten, Tabellen, Diagrammen und Karten präsentiert. Die Basisverarbeitung basiert auf einer Kombination bekannter Gefahren, die in den Raumanalytischen Unterlagen eingetragen sind und einer Darstellung von Gebieten mit einer Kumulierung unterschiedlicher Gefahrenarten. Eine weitere Ebene der Bearbeitung umfasst eine mutikriterielle Analyse der Zeitreihen und Messungen, die das Maß der geotechnischen Risiken zum Ausdruck bringen, die sich auf die Bebaubarkeit und Nutzbarkeit des Raumes auswirken. Diese Information stellt eine wichtige Unterlage für diese Gefahren berücksichtigende Veränderungen der Flächennutzungspläne dar.

 

Informationsinstrumente als Entscheidungshilfe allgemein beinhalten unterstützende Instrumente für Entscheidungs- oder Steuerungsprozesse und unterstützen den Nutzer in der Suche und Einschätzung von Lösungsansätzen oder Entscheidungen. Während einer multikriteriellen Auswertung geotechnischer Gefahren musste eine Methode eingesetzt werden, mit der das zusammenfassende Maß der Gefahren im Raum aus der Sicht seiner Nachnutzung ausgewertet werden kann. Um solch ein einheitliches Maß der Gefahren für einzelne Standorte festlegen zu können, mussten geschlossene Verfahren (Leitfäden) entwickelt werden, die mit Hilfe einiger genau definierter Schritte einen konkreten Wert der Gefahren für ein konkretes Gebiet berechnen oder einschätzen und gleichzeitig eine Information darüber liefern, mit welcher Wahrscheinlichkeit dieser Wert für die zukünftige Entscheidungsfindung belastbar ist.

Arbeit mit Daten, ihre Erfassung, Auswertung und Interpretation spielen eine Schlüsselrolle in der Auswertung und Vorhersage natürlicher Gefahren im Bezug zur zukünftigen Nutzung der Landschaft. Natursysteme stellen hoch komplexe Einheiten dar, die oft komplizierte zeitlich und räumliche Strukturen beinhalten. Für die Auswertung und Vorhersage von Systemen bedarf es einer holistischen Herangehensweise. Die Behandlung ihrer Problematik, also insbesondere die Verfolgung ihres Zustandes, der sich ergebenen Gefahren und Steuerung ihrer Auswirkungen stellt ein interdisziplinäres Problem dar. Die Problematik des Monitoring und Auswertung geotechnischer Risiken sowie die weiteren Entscheidungen über die Nutzung der betroffenen Gebiete muss so mit Hilfe von Informationsinstrumenten behandelt werden. Damit ist eine Implementierung von Technologien für ein Monitoring, Datenverwaltung und Auswertung aus der Sicht möglicher Risiken gemeint. Mit dieser Unterstützung durch Informationen und Erkenntnisse können Kenntnisse der Teilfachbereiche effektiver zusammengeführt und somit ein komplexes Modell entwickelt werden. Somit ist es notwendig Modelle und Methoden der Auswertung einzusetzen, mit denen ausreichend realistisch das beobachtete Verhalten des untersuchten Systems dargestellt und sein zukünftiges Verhalten vorhergesagt werden kann, um so eine optimale Entscheidung über die zukünftige Entwicklung der Landschaftsnutzung aus der Sicht der weiteren Entwicklung zu unterstützen.

Die Auswertung umfasst jedes Mal unterschiedliche Sichtweisen, zum Beispiel wirtschaftlich sparsame, umweltfreundliche, soziologisch günstige, zeitlich vorteilhafte sowie unterschiedliche Szenarien, die zum Beispiel aus städtebaulicher Sicht zu berücksichtigen sind, wann unter Erreichung bestimmter Grenzwerte unterschiedlicher Landschaftsnutzungen das System destabilisiert und die Festlegung der Ziele bedroht werden. Eine Eliminierung der Risiken sollte zum Beispiel nicht effektive Investitionen in Baumaßnahmen an Stellen verhindern, an denen in der Zukunft geotechnische Risiken initiiert werden könnten.

Notwendiges Know-How

  • HTW: Bestimmung charakteristischer Bodenparameter, Berechnung der Belastung.
  • TUL: Entwicklung der Datenbank und des Informationssystems.
  • KU: Auswirkungen der Sättigung des Bodens auf seine mechanische Eigenschaften.
  • ITN: Erfahrungen mit Rekultivierungsschichten.